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Kommunikationsbrücken überwinden tiefe Gräben

KI unterstützt Konfliktprävention

Nun ist es wissenschaftlich erneut untermauert. Ein Forscherteam aus den USA hat untersucht, welche Worte uns zu besseren Teamkollegen, Führungskräften und Partner machen und wie wir sie benutzen sollten, um Konflikte zu deeskalieren.

In den USA prägen Polarisierungen das politische Geschehen, die aufgrund von Uneinigkeit als Schlüsselmerkmal des gesellschaftlichen Lebens in Organisationen, Familien und Freundschaften zu manchmal unüberbrückbaren Gräben führen. Gerade in Krisen führt Uneinigkeit zu Zwiespalt und zu einer Gefahr für die Gesellschaft, wenn die Gesprächspartner nicht in adäquater Weise miteinander kommunizieren können.

Was aber bedeutet Kommunikation „in adäquater Weise“, um Eskalation vorzubeugen?

Das Forscherteam David Blankenhorn, Familientherapeut Bill Doherty und Familienforscher David Lap. stellte sich die Frage, ob erfolgreiche Ansätze aus der Familientherapie genutzt werden könnten, um zunehmende Feindseligkeiten egal ob in der Politik oder Gesellschaft ebenfalls zu entschärfen. Sie gründeten die Non-profit Organisation Braver Angels, die es sich zum Ziel gesetzt hat, den Graben zwischen den amerikanischen Demokraten und Republikanern durch Kommunikation zu verkleinern und so einen Beitrag dafür zu leisten, der aktuell hochbrisanten Polarisierung entgegenzuwirken.

Die Forscher untersuchten die sogenannte Konversationsempfänglichkeit, also den Gebrauch der Sprache, der die Bereitschaft signalisiert, dass man empfänglich und aufnahmefähig für Gespräche im Allgemeinen ist. Sie ließen Tausende von Menschen auf politische Äußerungen antworten, mit denen sie nicht einer Meinung waren und baten anschließend Personen jene Antworten der Testgruppe zu beurteilen. Die Kriterien für die Studie waren unter anderem Engagement, Offenheit und Zugänglichkeit.

Sie entwickelten daraus einen interpretierbaren Algorithmus für maschinelles Lernen, um das sprachliche Profil der Konversationsempfänglichkeit zu identifizieren.

Häufig ist es so, dass Menschen andere Menschen von ihrem eigenen Standpunkt anhand vieler für sie schlüssiger Argumente überzeugen wollen. Doch das kann gehörig nach hinten losgehen und zu einem handfesten Konflikt führen. Hinter Meinungen stecken nämlich meist persönliche Einstellungen und Werte, die durch Erziehung, Bildung und Erfahrungen oft über viele Jahre gebildet wurden. Vielmals enden solche Diskussionen oder Debatten in persönlichen Angriffen und offener Feindseligkeit, weil gegenseitige Verletzungen stattgefunden haben.

Das Team um Bill Doherty stellte fest, dass Führungskräfte der Regierung, die nach ihrem Algorithmus als empfänglich im Sinne der Studie eingestuft wurden, als bessere Berater bzw. Teamkollegen angesehen wurden.

Wie also können wir die Gräben überwinden und miteinander ins Gespräch und nicht in den Konflikt kommen?

Ansichten verstehend aufnehmen, Rückfragen stellen, mit eigenen Worten das Gehörte paraphrasieren sind einige der Techniken, die zu besserer Konversation führen. Ein offener, zustimmender Sprachgebrauch und positive Formulierungen sind ebenfalls besser, als das Aufzeigen negativer Schlussfolgerungen.


Was bedeutet das in der kommunikativen Umsetzung?

Hier einige Beispiele:

Verstehend aufnehmen:
„Ich verstehe Dein Anliegen, gern möchte ich Dir meine Sichtweise darlegen….“ statt „ Das sehe ich anders!“

Das Gehörte mit eingenen Worten wiedergeben:
„Verstehe ich richtig, dass….?“ statt „Ich bin anderer Meinung, ….“

Positive Formulierung:
„Wie stehst du zu den Vorteilen, dass……“ statt „Ist dir bewusst, dass du dadurch weniger….“

Offener, zustimmender Sprachgebrauch:
„Ich könnte mir vorstellen, dass….“ statt „Das hat aus meiner Sicht diese ….. Konsequenz.“


Desweiteren stellten die Forscher fest, dass die Bereitschaft bzw. Empfänglichkeit für eine offene Kommunikation zum einen eine Konflikteskalation am Ende verhindert und zudem erlernbar ist.

Das ist eine gute Nachricht.

Durch Interventionen und Übungen mit Versuchsgruppen konnten das Forscherteam feststellen, dass Autoren, Redner, Partner oder Kollegen ihre Gesprächstechnik deutlich verbessern konnten und dies zuverlässig anhand des Algorithmus` messbar war. Wenn also Menschen zugänglicher und somit gesprächsbereiter waren, wurden ihre Argumente überzeugender wahrgenommen. Die Ergebnisse der Studie dokumentieren, dass eine offene innere Haltung andere ebenfalls dazu veranlasste, sich offen zu zeigen. Demzufolge fanden weniger persönliche Angriffe statt und Konflikte eskalierten messbar weniger häufig.

Somit lautet die Formel:

Gesprächsbereitschaft + Zugänglichkeit führt zu Überzeugungskraft + Konfliktprävention

 

Quellen:
Michael Yeomans, Julia Minson, Hanne Collins, Frances Chen, Francesca Gino: Conversational receptiveness: Improving engagement with opposing views, 2020

Francesca Gino, Julia Minson, Mike Yeomans: Wie man Gräben überwindet. In Spektrum Psychologie 6/2020

www.braverangels.org